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Rede zur Eröffnung des Akademischen Jahres 2016/2017 am Dienstag, den 18. Oktober 2016

 von AStA-Vorsitz Alena Schmitz

Schmitz bei Rede zur Eröffnung des Akademischen Jahres. Foto: Ronny Bittner
Schmitz bei Rede zur Eröffnung des Akademischen Jahres. Foto: Ronny Bittner

Sehr geehrter Herr Rektor Hoch,
sehr geehrte Prorektorinnen, Prorektoren und Spektabilitäten,
liebe Studierende, Professorinnen und Professoren, liebe Gäste,

herzlich willkommen zur Eröffnung des Akademischen Jahres 2016/2017. Diese Veranstaltung reiht sich ein in eine ganze Reihe von Semesteranfangsevents: Die Einweihung der neuen Poppelsdorfer Mensa, der Semestereröffnungsgottesdienst, das Ersti-Welcome, die AStA-Semesteranfangsparty, diverseste Instituts- und Fachschaftsveranstaltungen. Bei allen wird, wie immer, viel geredet. Doch mit wem?
Halbwegs seriösen Statistiken zufolge sprechen sowohl Frauen als auch Männer jeden Tag etwa sechzehntausend Wörter, Dozenten beiderlei Geschlechts sicher noch etwas mehr. Wir sprechen im Seminar und der Vorlesung, wir sprechen in der Familie und der Beziehung, wir schreiben Mails und Nachrichten. Vieles geht verloren und kaputt, wenn wir nicht mehr miteinander reden. Familien sitzen an den Feiertagen in verschiedene Zweige verteilt, weil irgendjemand irgendwas gesagt hat, an das sich niemand mehr erinnert. Beziehungen und Freundschaften zerbrechen, weil jemand nichts sagt, nicht das Richtige oder etwas zum falschen Zeitpunkt. Hausarbeiten werden abgebrochen, weil man sich nicht traut, um Verlängerung und Verständnis zu bitten, oder gleich das ganze Studium.

In der Politik sieht es nicht anders aus. Auch Politiker dürften eher zum Vielreden denn zum Schweigen neigen. Dennoch findet im Moment eine sehr wichtige gesellschaftliche Debatte statt: was ist sagbar, mit wem redet man und wer hat diese Anerkennung, dieses Wahrgenommen werden nicht verdient? Wann ist ein Meinungsaustausch, eine Debatte mit ernsthafter Grundlage und durchaus emotionaler Schlagkraft zu sehr von Hass geprägt, als dass man sie fortsetzen könnte? Wann werden besorgniserregende Machtspielchen wirklich gefährlich? Und wie gehen wir damit um?

Einerseits darf man die Hoffnung nicht aufgeben, dass es, wenn man nur weiter miteinander redet, besser wird, dass man etwas ändern kann. Andererseits gibt es für den Meinungsaustausch deutliche Grenzen – Rassismus ist keine Meinung, Antisemitismus und Hetze sind keine Meinungen. Es ist in Ordnung, darüber zu diskutieren, wie Zuwanderung, auf welche Weise auch immer, unsere Kultur verändert. Es ist keinesfalls in Ordnung, dafür Häuser anzuzünden, Politiker zu bedrohen und Menschen zu verletzen. Es ist in Ordnung, sich Sorgen über die Veränderungen der Weltgemeinschaft zu machen und seine eigene Rolle darin neu auszuloten. Es ist nicht in Ordnung, diese Rolle durch Drohgebärden und gegenseitig provozierte Aufrüstung zu demonstrieren und mit Gewalt durchzusetzen. Wo genau die Grenze verläuft, ab wann Schweigen und die kalte Schulter angesagt sind, ist schwer zu sagen.

Vermutlich werden wir jedoch im kommenden Jahr einige Gelegenheiten haben, dies auf der großen Bühne zu beobachten. Pegida und AfD, der Konflikt zwischen der EU, Russland und den USA, die dortige Präsidenten- und die hiesige Bundestagswahl – all das wird genügend Anlass zu Gesprächen geben.

Und wo wäre ein besserer Ort dafür als die Universität? Ob wir nun Mathematik oder Sprachen, Wirtschaft oder Politik studieren, Erst- oder Fünfzehntsemester sind, ob wir noch lernen oder schon lehren oder alles aus einer ganz anderen Warte betrachten können: hier haben wir einen Ort des Austauschs und der Rede, der uns zusätzlich noch die Grundlagen dafür bietet, das Ganze aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu sehen. Diese Möglichkeit sollten wir im kommenden Jahr ganz besonders nutzen und zu schätzen wissen, denn es wird nicht weniger, was es zu bereden gibt.

Allerdings wusste schon Marie von Ebner-Eschenbach, dass man nichts erfährt, solange man selber redet. Daher möchte ich an dieser Stelle aufhören und mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken. Ich wünsche uns allen ein anregendes Akademisches Jahr.

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