Freitag, April 19, 2024
Allgemein Universität

Die Universität lebt!

Rede zur Eröffnung des Akademischen Jahres 2015

von Lillian Bäcker

Sehr geehrte Anwesende,

_MG_0117-2ich freue mich sehr, mit Ihnen allen zusammen so feierlich den Beginn des akademischen Jahres zu begehen. Es ist eine gute Gelegenheit, um sich noch einmal zu besinnen, was wir als Universität sind und was wir sein wollen. Wobei… Vor allem geht es doch darum, was wir sein wollen. Denn daran sollte sich unser Handeln orientieren, um das Bestmögliche zu erreichen. Wer Visionen hat, soll bekanntlich zum Arzt gehen… Aber von ihnen lebt letztendlich unsere Bildungslandschaft.

Wenn ich mich so umschaue, sehe ich aber sehr viele verschiedene Menschen in sehr unterschiedlichen Funktionen rund um unsere Universität – und genauso viele unterschiedliche Ziele. Was wir vom Bildungssystem, von der Uni und der Politik drumherum erwarten, hängt ja auch nicht zuletzt davon ab, wo wir stehen und woher wir kommen.

Was wir aber alle erwarten ist Geld. Geld für die Studierenden für bezahlbaren Wohnraum und für ein Auskommen unabhängig von den Eltern. Für den akademischen Mittelbau, damit Forschen an der Universität überhaupt eine persönliche Perspektive bilden kann. Für die Institute, damit auch die Orchideenfächer erhalten werden können. Für das Studierendenwerk, um seine Dienstleistungen an die gestiegenen Studierendenzahlen anzupassen. Für die Universität insgesamt, damit der Personalstab, die Veranstaltungen und der Raum für uns alle erhalten bleibt. In Zeiten chronischer Unterfinanzierung der Hochschulen entsteht die Konkurrenz um die verfügbaren Mittel und der Eindruck, dass Prioritäten falsch gesetzt werden. An der Supermarktkasse der Bildungspolitik ist jeder das quengelnde Kind, das seine Wünsche nicht berücksichtigt sieht… Nur, dass sie im Gegensatz zu dem Wunsch nach Süßkram und Spielzeug leider absolut notwendige Anforderungen darstellen.

Wird das neue akademische Jahr also zwangsläufig zu einem faulen Kompromiss zwischen verschiedenen Interessengruppen? Bestimmt nicht. Denn wir sitzen sprichwörtlich alle in einem Boot, die Perspektiven des einen hängen mit denen der anderen zusammen. Das erfordert einen Schulterschluss bei Schwierigkeiten und keine Verschiebung oder Verzögerung von Problemen. Wir sollten gemeinsam an einer guten Zukunft für die Universität und ihre Angehörigen arbeiten, anstatt einfach zu hoffen, nicht der nächste Betroffene von Einbußen zu sein.

Die dafür notwendige Kommunikation ist anstrengend und zeitraubend, gerade über viele Ebenen hinweg, das steht fest. Jeder, der einmal über ein Doodle versucht hat, ein Arbeitstreffen zu organisieren, weiß, wovon ich rede.

Aber mit einer gemeinsamen Stimme könnten wir in vielen Gremien auch über unsere Universität hinaus etwas bewegen. Und da haben schlussendlich alle etwas von. Unser Verantwortungsbewusstsein muss dabei über uns selbst hinausgehen; zum Beispiel in Zeiten der angespannten Flüchtlingssituation sind wir alle gefordert. Hierbei müssen andere Akteure, wie beispielsweise die Stadt, miteinbezogen werden. Für einen Elfenbeinturm ist die gesellschaftliche Relevanz unserer Universität auch einfach zu groß.

Immer neue Herausforderungen, aber auch alte Probleme werden uns dieses Jahr begleiten und ich erhoffe mir einige kreative Ideen, diesen zu begegnen. Wir sind eine Menge kluger Köpfe hier, es geht also vor allem darum, das Potential auch zu nutzen. Die Universität ist ein wichtiger Standortfaktor für Bonn, ermöglicht Tausenden Studierenden Bildung sowie Persönlichkeitsentwicklung und ist ein wichtiges Standbein der Wissenschaft. Das sollte die Universität immer wieder deutlich machen, wenn es um Einsparungen, beziehungsweise eine Nichtanpassung der Mittel geht. Soweit zum Zusammenbringen der Interessen. Was wollen aber denn nun wir Studierenden?

Wir brauchen Freiheit und Sicherheit in unserem Werdegang; ein oft gegensätzliches Wortpaar. Freiheit in der Wahl überhaupt zu studieren, unabhängig davon, ob wir aus dem Ausland kommen, ob wir körperlich eingeschränkt sind oder wie viel unsere Eltern verdienen. Freiheit darin, was wir studieren; also eine Fächervielfalt und genug Studiumsplätze. Und die Freiheit, unser Studium mit Auslandsaufenthalten, Exkursen in anderen Fachbereichen und Engagement zu bereichern, ohne durch die Regelstudienzeit und dem Anspruch auf wirtschaftliche Verwertbarkeit in dem Maße eingeengt zu werden. Gleichzeitig brauchen wir Sicherheit darin, dass wir unser Leben als Studierende finanzieren können, dass wir eine gute wissenschaftliche Bildung bekommen und zu hinterfragen lernen in einem System, dass nicht nur Konformität, sondern auch Unabhängigkeit fördert. Da sind sie wieder, diese Visionen, die uns davon abhalten, einfach hinzunehmen, wie es mit der Universität weitergeht. Aber gerade das soll uns ja auch gelehrt werden.

Für uns Studierende wünsche ich mir dazu offene Ohren beim Rektorat und beim Studierendenwerk für unsere Anliegen. Denn wir sind ja in der Gesamtheit immerhin die Aufgabe und die Zukunft der Universität, würde ich mal sagen. Soviel zu den, sicherlich auch persönlichen, Idealen, mit denen ich in das neue akademische Jahr starte. Was sind ihre?

Unsere Universität lebt! Das möchte ich Ihnen abschließend noch mitgeben. Sie lebt nicht nur auf Veranstaltungen wie diesen, oder wenn besondere Leistungen, wenn auch zurecht, geehrt werden. Sie lebt jeden Tag im Jahr von den vielen kleinen Veranstaltungen, auch auf studentischer Seite, die sich zu besuchen lohnt. Sie lebt in den Beiträgen eines jeden zum alltäglichen Betrieb, zu Publikationen und zu besonderen Anlässen. Sie ist angewiesen auf Proteste bei Streichungen, wie wir sie zuletzt im Rahmen von „SparUni Bonn“ erlebt haben und auf das Engagement aller Mitarbeiter, die häufig mehr leisten müssen, als bezahlt wird. Und sie sollte keine Veränderungen scheuen, um ihr Potential zu nutzen.

Ich wünsche uns allen gutes Gelingen dabei, das kommende Jahr an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn so zu gestalten, dass sie mehr ist als eine notwendige Institution, um Bildungsabschlüsse zu generieren, sondern eine gemeinsame Chance für Bildung und Kultur in unserem Land darstellt.

Ich danke Ihnen herzlich und viel Spaß noch beim weiteren Programm!

Anmerkung der Redaktion:
Die Rede wurde am 19.10.2015 gehalten. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung wurde von uni-bonn.tv vorgenommen. Bei Redaktionsschluss war diese noch nicht online zu sehen, wird aber in den nächsten Tagen hochgeladen. Somit haben alle unsere Leserinnen und Leser die Möglichkeit, die Rede in bewegten Bildern verfolgen zu können.

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