Freitag, März 29, 2024
Universität

Hunger auf Bildung!

Alma Mater – nährende Mutter. Unsere Universität trägt nicht nur den Namen des preußischen Königs und Kurfürsten Friedrich Wilhelm III., sondern wird auch gerne als unsere akademische „Ernährerin“ bezeichnet. Ein erlauchter Titel für eine Institution, die im Jahre 1818 im Geiste der humboldtschen Reformen gegründet wurde und seit fast 200 Jahren die Universitätslandschaft Deutschlands prägt und auch weiterhin prägen wird. Das steht außer Frage! Namhafte Forscher und Nobelpreisträger wie zum Beispiel Prof. Dr. Wolfgang Paul oder Prof. Dr. Reinhard Selten, brachte unsere Universität hervor. Hier werden wir mit dem Wissen unserer Professoren und Dozenten genährt, um unsere Persönlichkeit und unsere Bildung immer weiter zu entwickeln. Jedes Jahr erwerben hunderte Studierende einen Abschluss in den unterschiedlichsten Fachrichtungen. Von ‚A‘ wie Altamerikanistik über ‚J‘ wie Jura bis hin zu ‚Z‘ wie Zahnmedizin: Ja, die Uni Bonn hat wirklich viel zu bieten.

Mit dem Rücken zum Studenten, unsere Alma Mater?
Mit dem Rücken zum Studenten, unsere Alma Mater?

Die Vielfalt des universitären Lebens ist bereits an der Architektur unserer Institute erkennbar. Während ein Großteil der philosophischen Fakultät im barocken kurfürstlichen Schloss mit all seiner Pracht untergebracht ist, spiegeln die Betonbauten in Bonn – Endenich die kühle Logik der naturwissenschaftlichen Fächer wider. Die Bonner Universität hat sich in ihrem Leitbild genau diesem Brückenschlag zwischen Modernität und Moderne verschrieben. Doch diese Vielfalt ist nun ernsthaft in Gefahr, die Universität Bonn möchte 17 Professuren streichen. Betroffen sind die unterschiedlichsten Fakultäten und Institute. Es ist ein Thema, das jeden Studierenden etwas angeht! Das Ausmaß dieses Stellenabbaus hat jedoch noch weitaus größere Auswirkungen als eine Verkleinerung des Lehrangebotes und der Forschungsbestrebungen an der Universität Bonn. Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob damit nicht unsere Ideale und Prinzipien in ärgste Mitleidenschaft gezogen werden. Darüber hinaus dürfen wir auch nicht die persönlichen Schicksale vergessen, die mit den Lehrstuhlstreichungen einhergehen. Daran können wir schon jetzt erkennen, dass der universitäre Betrieb kein steriles Arbeiten hinter verschlossenen Türen ist, eher im Gegenteil! Forschung und Lehre ist untrennbar mit den Persönlichkeiten verbunden, die eben jene betreiben. Aber beleuchten wir die oben genannten Probleme noch etwas genauer: Die fakultätsübergreifenden Kürzungen gefährden das reichhaltige Bildungsangebot unserer traditionsreichen Universität. Alleinstellungsmerkmale, wie zum Beispiel die rheinische Landesgeschichte oder die Keltologie, würden aus dem Lehrplan verschwinden. Warum ist das vor allem an der Universität Bonn so tragisch? Die Antwort liegt auf der Hand! In dieser schönen Stadt am Rhein wurde beispielsweise das Fach der Keltologie maßgeblich geprägt und ein wichtiger Lehrstuhl für keltologische Forschung und Lehre eingerichtet. Hier wurde dieses Fach etabliert und wird an einer von wenigen deutschen Universitäten immer noch gelehrt. Manche sehen in Bonn auch einen Geburtsort des Faches der Keltologie in Deutschland. Jetzt soll diesem Fach der Stoß in das Ungewisse versetzt werden? Ist dies das Verständnis eines Brückenschlages zwischen Tradition und Moderne? Möchte unsere Alma Mater, die nährende Mutter, ihre eigenen Söhne zu Grabe tragen? Wohl kaum, aber dennoch wird es wahrscheinlich so geschehen. Dies würde auch dem humboldtschen Bildungsideal dieser Universität zuwiderlaufen. Wilhelm von Humboldt wollte mit seinen Bildungsreformen vor allem die Allgemeinbildung in der Gesellschaft fördern. Das war und ist auch heute noch bitter nötig! Die Allgemeinbildung besteht jedoch nicht nur aus einem kleinen Fächerkanon, sondern ist weitaus komplexer und vielfältiger. Das Leben ist schon komplex genug, da muss es die Bildung allemal sein! In der Tat sind die Kürzungen fakultätsübergreifend, jedoch sind am härtesten die sogenannten „Orchideenfächer“ betroffen. Von vielen als sinnloser Zeitvertreib ohne Wissenschaftlichkeit abgetan, überzeugen die kleineren Fächer bei genauerem Hinsehen durch ihren Perspektivwechsel und ihre Einmaligkeit. Dabei werden auch die Scheinargumente der Gegner der „Orchideenfächer“ mehr als entkräftet. Im Bildungsapparat gibt es, wie auch in der Tierwelt, eine gewisse Hackordnung, deren Mentalität es zu bekämpfen gilt. Ich rufe zum Schutz der „Orchideenfächer“ auf! Genau so wie die wunderbaren Blumen der tropischen Regionen sind die kleinen Fächer an der Universität schützenswert. Welcher Mensch würde denn freiwillig zum Herausreißen der Orchideen oder der Einstellung eines jeglichen Naturschutzes im Regenwald aufrufen? Die Schönheit der Orchideen(-fächer) liegt in ihrer Exotik und ihrem ganz eigenen Beitrag, Wissen für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Gerne wird das Kostenargument vorangestellt, um die Lehrstuhlstreichungen zu legitimieren. Doch hier muss ich scharf einwenden! Der Ertrag der Bildung ist nicht mit Geld aufzuwiegen. Manchmal müssen wir den steinigen Weg wählen, um an das Ziel zu gelangen. Für unsere Bildung und unseren Geist darf uns nichts zu teuer sein! Jedes Fach hat seine Daseinsberechtigung. Es ist egal ob wir später mal Physiker, Historiker, Juristen; Mediziner oder ausgebildete Altphilologen werden.

Wichtig ist, dass wir die hellen Köpfe unserer Zukunft in den Seminaren von heute heranziehen, die den Mitmenschen nicht aus dem Auge verlieren. Nicht ohne Grund bedeutet das lateinische Wort „seminarium“ nichts anderes als „Pflanzstätte“. Dieser Pflanzstätte dürfen wir keinen Dünger, kein Wasser und auch kein Sonnenlicht entziehen. Jedes Fach erzählt von bestimmten Aspekten des Lebens. Wir brauchen diese Erfahrungen und Kenntnisse, um Persönlichkeiten heranzubilden, die später mitten im Leben stehen und keine Scheuklappen anhaben. Die Streichung eines Lehrstuhles ist ein Schnitt in das Fleisch eines jeden, der diesen Auftrag der Bildung verwirklichen möchte. Wer Aspekte der Bildung aus ökonomischen Gründen wegrationalisiert, stellt den wirtschaftlichen Nutzen über die Bildung, die letztendlich zur Humanität erzieht! Wollen wir dieser kühlen Logik folgen? Sicherlich nicht. Bildung hat immer den gleichen Wert: Es ist das höchste und teuerste Gut unserer Gesellschaft! Wir müssen alles daran setzen, dass die Fackel der Erkenntnis nicht erlischt. Wir müssen ihre Glut bewahren! Denn die Frage nach Bildung ist auch eine zentrale Frage des Lebens: Wer oder was ernährt mich, meinen Geist? In einem alten Studentenlied heißt es in einer Strophe: „Vivat academia, vivant professores!“ Arbeiten wir daran, dass diese Strophe auch in den nächsten Jahren seine Gültigkeit behalten möge.

Ein Kommentar von Philipp Fiala

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