Donnerstag, März 28, 2024
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Die Bonner Presselandschaft

Eine Glosse ohne Verwendung des Wortes „Kaninchenzüchterverein“

 von Jan Bachmann

 Während man in der überregionalen Presse über Unwichtigkeiten wie Krieg, Flucht und Elend berichtet, erfahren zumindest die Bonner Leser*innen, was wirklich wichtig ist.

Während man in der überregionalen Presse über Unwichtigkeiten wie Krieg, Flucht und Elend berichtet, erfahren zumindest die Bonner Leser*innen, was wirklich wichtig ist.

Wer eine Reise durch die Bonner Presselandschaft machen will, der braucht nur einen sehr kleinen Koffer. Den aber kann man ruhig sehr voll packen, weil die Wahrscheinlichkeit, unterwegs eine Zeitung zu finden, bei der es sich lohnt, sie einzupacken, äußerst gering ist. Beherrscht wird der Markt vom Bonner General-Anzeiger. Schon das Wort lässt Assoziationen vor unserem Auge entstehen. Wir denken an Generalstab, Generalmobilmachung oder an „Der General Bergfrühling Aktiv 5“ (ohne Nachwischen). Daneben gibt es noch die Bonner Rundschau, deren Auflage zu gut 60 Prozent zur Bestückung der drei Zeitungsschaukästen der Rundschau verwendet wird. Die restliche Auflage geht zur Hälfte in den Verkauf, die andere Hälfte dient zum Auslegen von Vogelkäfigen. „Bei uns liest man Express“ steht auf den Verkaufskästen der gleichnamigen Zeitung. Zwar sind einige Menschen sicher der Ansicht, dass man bei dieser Presseschau nur seriöse Zeitungen erwähnen sollte, wenn sich der Verfasser jedoch nur darauf beschränken würde, bräuchte er diesen Artikel gar nicht erst zu schreiben. So schafft es auch das Schaufenster als weiteres Blatt an den kahlen und halbverfaulten Baum des Bonner Blätterwaldes. Bonner*innen beziehen diese Zeitung kostenlos, während der Bezug des General-Anzeigers lediglich umsonst ist. Ansonsten gibt es nur wenig Unterschiede zwischen den lokalen Berichterstattern, wenn auch die Schlagzeilen noch ein wenig absurder als im General-Anzeiger sind.
Im Großen und Ganzen herrscht auf dem Bonner Zeitungsmarkt eine Situation, die der auf zahlreichen anderen lokalen Zeitungsmärkten sehr ähnelt. Eine große Zeitung beherrscht den Markt. Aus dem Stuff ist also ein Kane geworden, was jedoch nur eine Folge des allgemeinen Niedergangs des Zeitungswesens ist. Tröstlich ist lediglich, dass Herr Tredup sein Gehalt nicht mehr braucht. Das Internet mit seinen tollen neuen Kommunikationsmöglichkeiten schafft hier keine Abhilfe. Die Datenautobahnen werden zwar unentwegt ausgebaut, doch fehlt es leider an Schreiberlingen, die gut recherchierte Artikel in das Netz stellen. Überraschend ist das nicht, ist doch das Interesse des Publikums gering und Geld für so etwas möchte natürlich ohnehin niemand ausgeben. Ein großes Problem stellt der Mangel an Meinungsvielfalt in den Bonner Medien jedoch nicht dar, ist doch in Bonn in den letzten sieben Jahren nichts passiert, was irgendeine journalistische Aufarbeitung rechtfertigen würde. Doch auch wenn es in Bonn keine interessanten Themen mehr gibt und mit jeder Traueranzeige, die im General-Anzeiger veröffentlich wird, gleichzeitig auch die Anzahl der Abonnements sinkt, so kann das Blatt doch vielleicht wenigstens in einem Punkt glänzen: Aktualität. Es versetzt die Leser*innenschaft schon ins Staunen, wenn der General-Anzeiger beispielsweise bereits nach wenigen Wochen über die Bedrohung eines Bonner Buchladens durch einen Politwirrkopf berichtet. Nachdem die Hauswand des – sagen wir einmal – Autors Akif Pirinçci von Unbekannten bemalt wurde, drohte Pirinçci dem Buchladen Le Sabot. Das Thema wurde im Internet und in überregionalen Medien behandelt.
Über Übergriffe auf einer Party für Geflüchtete berichtete die Zeitung erst nach Monaten, dabei wurde von der Gruppe Refugees Welcome bereits nach der Party eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Hierbei muss natürlich berücksichtigt werden, dass man erst nach den Vorkommnissen der Silvesternacht mit dem Thema billige Meinungsmache betreiben konnte.
Der Versuch versöhnlich zu schließen ist nicht leicht, abschließend lässt sich nur sagen, dass die Bonner Presselandschaft das widerspiegelt, was Bonn ist: Tiefe, tiefe Provinz.

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